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*Dies ist ein Gastartikel von Annalena*
Wer von uns Reisesüchtigen kennt es nicht?
Der Urlaub oder das Sabbatical liegen „als Reisezeit“ vor dir und du möchtest die Zeit bestmöglich nutzen. Für mich bedeutet das konkret: möglichst viele Orte und Kulturen möglichst intensiv erleben und dafür auch mal abseits der gängigen Touristenpfade wandeln.
Also packte ich im August 2018 meine Koffer, mit dem Ziel, keine „Ich-bin-ein-paar-Tage-hier-schaue-die-Sehenswürdigkeiten-an-und-dann-schnell-weiter-Weltreise“ zu machen, sondern wirklich mehr mitzunehmen.
Dabei sollte mir vor allem ein System behilflich sein: workaway.
Workaway ist ein Mix aus Work and Travel und Freiwilligenarbeit: Freiwillige, die sogenannten Workawayer, helfen ihren Gastgebern, den Hosts. Für fünf Tage pro Woche arbeiten sie jeweils fünf Stunden und bekommen im Gegenzug Kost und Logis – so das Grundprinzip.
Das besondere an workaway ist, dass du nicht über „Mittelsmänner“ sondern immer direkt mit deinem potenziellen Host kommunizierst. Dadurch sind sowohl Hosts als auch Workawayer sehr flexibel und können die Konditionen auch anpassen, sofern beide Seiten einverstanden sind.
Manche Hosts stellen dir zum Beispiel ein Auto zur Verfügung oder bezahlen dich für deine Arbeit, bei anderen bekommst du Gratis-Reitstunden, wenn du dafür etwas mehr arbeitest.
Der Schlüssel zum Erfolg ist wie so oft Kommunikation.
Klär die Rahmenbedingungen am besten schon im Vorfeld mit deinem Host ab, und definiere deine „rote Linie“ klar und deutlich. Das Gleiche gilt natürlich auch dann, wenn es vor Ort Probleme gibt.
Ich persönlich habe dem bis dato aber immer dadurch vorbeugen können, dass ich nur Hosts kontaktiert habe, die bereits gute Bewertungen bekommen hatten. Außerdem habe ich darauf geachtet, dass ich nicht die einzige Workawayerin vor Ort bin.
Gerade wenn man selbst noch recht unerfahren ist, kann man von den Erfahrungen anderer Workawayer profitieren und es ist sehr viel leichter, etwaige Probleme gemeinsam anzusprechen.
Ich erstellte mir also ein Profil als Workawayerin und tippte „Schweden“ in die Suchmaske.
Hier sollte meine Reise beginnen.
Irgendwo in der Mitte meiner Ergebnisliste zwischen einer Huskyfarm, auf der ich bitte 40 Stunden pro Woche statt den 25 „Standard-Stunden“ arbeiten sollte und dem Bauernhof mit 4 Monaten Mindestaufenthalt als Grundbedingung befand sich Moni.
Moni war auf der Suche nach Doghandlern, also nach Helfern auf einer Huskyfarm, die in erster Linie für die Versorgung der Hunde zuständig sind, ihre Chefs aber auch bei allen anderen Aufgaben unterstützen. Nach einem mehrtägigen Austausch von WhatsApp-Sprachnachrichten stand fest, dass ihre Huskyfarm der Startpunkt meiner Reise sein sollte.
Als wir zwei Wochen später um die Ecke der Auffahrt bogen, war ich mir ganz ganz sicher:
Ich hatte den schönsten Ort der Welt gefunden.
Mitten im schwedisch-lappländischen Nirgendwo (es ist tatsächlich kein Witz, sondern die absolute Wahrheit, dass dort durchschnittlich mehr Elche als Menschen leben) stand ein rot-weiß gestrichenes Schwedenhaus wie aus dem Bilderbuch.
Nebenan ein tiefblauer Fluss, hinter dem die Sonne in einem Meer aus rot, orange, gelb und pink unterging. Und dazu heulten uns siebzig Huskys zur Begrüßung entgegen.
Der Gänsehautmoment ging dann jedoch schnell im Schäferhundegebell (ja, die gab es auch noch) und dem aufgeregten Geplapper der beiden Kleinkinder der Familie unter.
Und das wars dann tatsächlich auch erstmal mit der Idylle…
Die Landschaft wurde nicht weniger schön, aber ich nahm sie immer weniger zur Kenntnis, weil meine Tage voll mit Arbeit waren. Von den fünf Stunden pro Tag sprach keiner mehr, stattdessen musste das Haus gestrichen, Beeren gesammelt, Hunde gefüttert und Kinder unterhalten werden.
Ich kam schnell an meine körperlichen Grenzen.
Aber auch mental war es zunächst nicht einfach, weil sich mein Umfeld von heute auf morgen auf nur sechs Menschen, die ich obendrein (noch) nicht besonders gut kannte, 70 Huskies und die schwedische Wildnis reduziert hatte. Und meinen beiden Kolleginnen ging es ganz ähnlich.
Schließlich nahmen wir unseren Mut zusammen und taten genau das, was ich dir oben schon geraten habe.
Wir sprachen mit unseren Chefs über die langen Arbeitszeiten, die harte Arbeit und darüber, dass wir eigentlich primär mit Hunden arbeiten wollten.
Im Nachhinein betrachtet war das der Wendepunkt.
Wir würden zwar weiterhin mehr als 25 Stunden pro Woche arbeiten, doch der Fokus sollte künftig auf den Hunden liegen und als Ausgleich für die Mehrarbeit dürften wir im Sommer vier Wochen Urlaub auf der Farm machen.
Die leuchtenden Farben des Indian Summer lösten die Regentage ab, wir verbrachten nun viel mehr Zeit mit den Hunden und langsam aber sicher kam ich wirklich an.
Nach einem weiteren Monat zog ich nicht wie geplant weiter gen Norwegen, sondern fragte meine Gastgeber, ob ich doch noch etwas länger bleiben könne.
Und aus „etwas länger“ wurde schließlich ein ganzes Jahr.
In diesem Jahr fuhren wir auf dem Hundeschlitten durch unberührte Wildnis dem Sonnenuntergang entgegen, begegneten Elchen und Rentieren, schliefen unterm Sternenhimmel und standen extra mitten in der Nacht auf, weil uns die Polarlicht-App ein großartiges Naturschauspiel prophezeite.
Doch natürlich gab es auch eine Kehrseite: Auf dem Hundeschlitten waren wir meistens nicht allein, sondern mit zehn Gästen unterwegs.
Je nach Gruppenkonstellation konnte das unglaublich cool und voller Dynamik, aber auch katastrophal sein.
An manchen Tagen kamen wir wenig bis gar nicht voran, weil die Touristen ständig unsere Anweisungen missachteten und sich und die Hunde in Gefahr brachten.
An anderen Tagen zog sich die Hundeschlittentour gefühlt ins Unendliche, weil Eisregen oder Temperaturen von -30°C das Ganze zu einem extrem unangenehmen Unterfangen machten.
Aber der Winter wich schließlich einem sehr entspannten Sommer mit viel Kanufahren in der Mitternachtssonne, Schwimmen im Fluss, Zimtschnecken und schwedischer Gemütlichkeit. Nach zwölf Monaten hieß es dann schließlich Abschied nehmen.
Aus dem geplanten Monat war ein ganzes Jahr geworden.
Und meine Weltreisepläne mussten erstmal wieder in die Schublade.
Obwohl ich statt der ganzen Welt nur einen Ort gesehen habe und alle meine Pläne über den Haufen werfen musste, war das Erlebnis unglaublich intensiv. Pläne zu haben ist wohl immer ein guter Start – auf die innere Stimme zu hören und sie zu verwerfen, aber genauso okay.
Und bereuen tue ich es nicht!
Dies ist ein Gastartikel von Annalena.
Sie studiert aktuell Digitale Medien und nutzt die Möglichkeit mit workaway dafür, auch mit studentischem Budget faszinierende Reisen machen zu können. Neben ihrer Erfahrung in Schweden als Doghandlerin war sie über workaway auch schon im sibirischen Altai-Gebirge in einem English-Camp.
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